Was Verlage und AdTech-Unternehmen über die TTPW-Verordnung wissen sollten: Politische Werbung in der EU

Die Verordnung (EU) 2024/900 über Transparenz und Targeting politischer Werbung (TTPW-VO) wurde implementiert, um die Integrität demokratischer Prozesse zu schützen und Bürger*innen das Einordnen und Erkennen politischer Werbung zu erleichtern.

Für Medienhäuser, Vermarkter und AdTech-Anbieter bedeutet die TTPW-VO eine Ausweitung ihrer Compliance-Pflichten: Sie müssen zu ihrer politischen Werbung umfassende Informationen dokumentieren und veröffentlichen. Hinzu kommen Einschränkungen und Verbote beim Einsatz personenbezogener Daten.

Im IO-Geschäft wird die Umsetzung der Anforderungen voraussichtlich relativ gut zu bewältigen sein. Im Bereich der programmatischen Werbung bestehen wohl die größten Herausforderungen, wobei diese wohl aktuell noch skalierbar in Privat Market Places umsetzbar sind.

Die Verordnung ist seit dem 10. Oktober 2025 vollständig anwendbar.

In diesem Artikel beschränke ich mich auf die Akteure, die nicht als sehr große Online-Plattformen oder sehr große Online-Suchmaschinen eingestuft werden.


Was ist "politische Werbung"?

Die Verordnung unterscheidet (vereinfacht) zwei Fälle, in denen Werbung als politisch gilt:

  • Subjektiv: Wenn die Werbung von, für oder im Namen eines politischen Akteurs erstellt oder verbreitet wird. Botschaften rein privater oder rein kommerzieller Natur sind ausgenommen.

    Politische Akteure sind politische Parteien und mit ihnen verbundene Organisationen, politische Bündnisse (d.h. Koalitionen mehrerer Parteien), Amtsinhaber oder Kandidaten für ein Amt, Parteiführer und Kandidaten für ein solches Amt, Mitglieder der EU-Institutionen (mit Ausnahme des EuGH, der EZB und des ERH), Mitglieder der Regierungen der Mitgliedstaaten sowie Kampagnenorganisationen, die ausschließlich zur Beeinflussung von Wahl- oder Referendumsergebnissen gegründet wurden. Alle Personen oder Organisationen, die im Namen eines der vorgenannten Akteure handeln und deren politische Ziele fördern, fallen ebenfalls unter den Begriff "politischer Akteur".

  • Objektiv: Wenn die Werbung darauf abzielt oder geeignet ist, die Wahlentscheidung, das Abstimmungsverhalten oder einen Gesetzgebungs-/Regulierungsprozess zu beeinflussen.

    Artikel 8(1) der TTPW-VO gibt Hinweise zu den Merkmalen, die für die Beurteilung entscheidend sind. Dazu gehören der Inhalt, der Sponsor, die verwendete Sprache, der Kontext (insbesondere der Verbreitungszeitraum), das Zielpublikum, der Zweck der Botschaft und die zur Erstellung und Verbreitung der Botschaft verwendeten Mittel. Die Kommission hat  unverbindliche Leitlinien erstellt, die bei der Bewertung helfen sollen.

    Die Definition ist sehr weit gefasst. Sie kann nicht nur die klassische Wahlwerbung umfassen, sondern auch ïssure-based" Werbung. So können auch Kampagnen zur Klimapolitik, zur Migration, zum Steuerrecht oder zu gesellschaftlichen Debatten unter die Definition der politischen Werbung fallen. Auch die Brand Identity des jeweiligen Unternehmens und der Bezug zu laufenden Gesetzgebungsverfahren oder Volksabstimmungen sind für die Beurteilung wesentlich. Setzt sich ein Unternehmen beispielsweise für Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit ein, muss eine Werbung mit diesen Botschaften nicht automatisch als politische Werbung zu qualifizieren sein.


Wer ist betroffen? Rollen und Verantwortlichkeiten entlang der Medien- und AdTech-Wertschöpfungskette

Für Publisher, Vermarkter und AdTech-Anbieter ist es von entscheidender Bedeutung, ihre jeweiligen Rollen zu verstehen, da sie unterschiedlichen Transparenz- und Dokumentationsanforderungen unterliegen. Die Definitionen in Artikel 3 TTPW-VO sind weit gefasst und decken alle Stufen der Werbekette ab.

Anbieter von politischen Werbedienstleistungen (Art. 3 Nr. 6 TTW-VO)

Unternehmen, die politische Werbung fördern, ausarbeiten, platzieren, verbreiten, veröffentlichen oder zustellen. Dazu gehört eine breite Palette von Unternehmen, darunter:

  • Werbeagenturen, Kreativ- und Produktionsdienstleister, die an der Erstellung von Werbung beteiligt sind;

  • Vermarkter, die an der Platzierung von Werbung beteiligt sind;

  • DSPs und SSPs, die auch an der Platzierung und Auslieferung von Werbung beteiligt sind;

  • Ad-Server-Betreiber, die Werbung ausliefern;

  • Anbieter von Werbedienstleistungen in sozialen Medien, Verlage oder Influencer, die Werbung veröffentlichen und verbreiten.

Herausgeber von politischer Werbung (Art. 3 Nr. 13 TTPW-VO)

Dazu gehören Unternehmen, die politische Werbung sichtbar machen. Den Erwägungsgründen zufolge handelt es sich um Akteure, die in der Regel am Ende der Kette stehen. Dazu gehören Verlage, Influencer, Online-Plattformen, Suchmaschinen, Podcaster, Streaming-Dienstleister, CTV/DOOH-Netzwerke, aber wahrscheinlich auch Ad-Server-Betreiber und Vermarkter.

Sponsor (Art. 3 Nr. 10 TTPW-VO)

Sponsoren sind Akteure, in dessen Auftrag eine politische Anzeige erstellt, verbreitet oder geschaltet wird. Von diesen Akteuren kommen die meisten Informationen, die AdTech-Unternehmen und Verlage brauchen, um ihren Pflichten nach der TTPW-VO nachzukommen. Sponsoren sind typischerweise politische Parteien, Nichtregierungsorganisationen, Verbände, Unternehmen, Stiftungen und Lobbygruppen. 

Schlussfolgerung

Die TTPW-VO betrifft die gesamte Wertschöpfungskette der digitalen Werbung. Daher ist es wichtig, dass jedes Unternehmen seine eigene(n) Rolle(n) identifiziert und seine Verantwortlichkeiten kennt.


Verpflichtungen pro Akteursgruppe: Intermediäre und Publisher

Jedes Glied in der Kette hat seine eigenen, manchmal kumulativen Verpflichtungen.

Überblick über die Verpflichtungen: Anbieter von politischen Werbedienstleistungen

Vertraglich

Die Anbieter politischer Werbedienstleistungen sollten mit den Sponsoren und den Anbietern der politischer  Werbedienstleistungen, die im Namen von Sponsoren handeln (um zu vermeiden, dass ich das in diesem Artikel immer wieder schreibe, bleibe ich allein bei der Bezeichnung "Sponsor"), eine klare schriftliche Vereinbarung über die Erbringung politischer Werbedienstleistungen treffen. Diese Vereinbarung sollte Folgendes regeln.

  • Aufteilung der Zuständigkeiten

    Wer ist für welche Transparenz-, Informations- und Dokumentationspflichten zuständig? So lassen sich die Pflichten gezielt bündeln.

  • Verpflichtung des Sponsors zur Abgabe bestimmter Erklärungen

    • ob es sich bei der Werbung um politische Werbung handelt; und

    • in den drei Monaten vor einer Wahl oder einem Referendum, ob der Sponsor seinen Sitz in der EU hat und nicht von einer Person außerhalb der EU kontrolliert wird.

    Grundsätzlich kann sich der Anbieter auf die Selbsteinschätzung des Sponsors verlassen, ob eine Äußerung eines politischen Akteurs privat oder kommerziell ist oder eine politische Werbung darstellt (Erwägungsgrund 30 TTPA-Verordnung). Gibt es jedoch Anhaltspunkte für eine falsche Einstufung, besteht eine Pflicht zum Handeln. Dabei sollten die Unternehmen die Wissenszurechnung innerhalb des Unternehmens berücksichtigen und geeignete Meldewege schaffen.

    Wichtig: Der Sponsor haftet für die Richtigkeit der Angaben.

  • Die Verpflichtung des Sponsors, Informationen vor und während der Schaltung der politischen Anzeige bereitzustellen und zu aktualisieren. Dies umfasst insbesondere:

    • welche politische Werbung oder Kampagne speziell beworben wird;

    • die Herkunft der Mittel (öffentlich/privat, innerhalb/außerhalb der EU) und die Identität des Geldgebers;

    • Sponsor-Identität (Name, Kontaktdaten, ggf. kontrollierende Stelle, Sitz);

    • Verweis auf die Wahl, das Referendum oder den Gesetzgebungs-/Regulierungsprozess, falls zutreffend, und Links zu offiziellen Informationen;

    • Hinweis, ob und wie Targeting eingesetzt wurde;

    • die Ausspielungsdauer der Anzeige; und

    • Informationen darüber, ob frühere Versionen der Anzeige aufgrund von Regelverstößen eingestellt wurden.

  • Informationen über Zahlungen in der Wertschöpfungskette.

    Der Anbieter muss in der Lage sein, dem Herausgeber Informationen über die Beträge und sonstigen Leistungen offen zu legen, die an vorgelagerte Akteure (z. B. Agenturen, DSPs, SSPs) gezahlt wurden. Diese Verpflichtung ergibt sich indirekt aus der Tatsache, dass die Herausgeber nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d der TTPW-Verordnung verpflichtet sind, den aggregierten Betrag zu veröffentlichen, der für die Dienstleistungen von allen beteiligten Parteien erhalten worden ist.

    In der Praxis bedeutet dies, dass

    • die Informationen müssen "downstream" an den Herausgeber weitergegeben werden können; und

    • Verträge sollten Vertraulichkeitsklauseln enthalten, die die Weitergabe solcher Informationen ausdrücklich auf die Erfüllung der Verpflichtungen aus der TTPW-Verordnung beschränken, um Geschäftsgeheimnisse zu schützen.

Administrativ

Anbieter politischer Werbedienstleistungen unterliegen umfangreichen Aufbewahrungspflichten. Die folgenden Informationen müssen sieben Jahre lang ab dem Datum der letzten Aktion im Zusammenhang mit der politischen Werbung aufbewahrt werden:

  • die politische Anzeige oder die gesamte politische Werbekampagne;

  • eine Beschreibung der konkreten Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit der politischen Werbung erbracht wurden;

  • Rechnungen, einschließlich einer Beschreibung der Dienstleistungen und des Wertes der erhaltenen Gegenleistung;

  • Informationen über die Herkunft der Mittel (öffentliche/private Quelle, innerhalb/außerhalb der EU);

  • Identität und Kontaktdaten des Sponsors und der Einrichtung, die den Sponsor letztlich kontrolliert; bei juristischen Personen auch der Sitz;

  • gegebenenfalls Einzelheiten zu den Wahlen, dem Referendum oder dem Gesetzgebungs-/Regulierungsverfahren, auf die sich die politische Werbung bezieht.

Operativ

Neben den vertraglichen und administrativen Verpflichtungen sind auch funktionierende interne Prozesse erforderlich:

  • Umgang mit offensichtlichen Fehlern

    Stellt der Anbieter offensichtliche Fehler in den Informationen des Sponsors fest, muss er den Sponsor auffordern, diese zu korrigieren. Dies erfordert interne Berichts- und Eskalationskanäle, um sicherzustellen, dass die relevanten Informationen die richtigen Personen im Unternehmen erreichen.

  • Externe Berichtswege

    Die Anbieter sollten Verfahren einrichten, um die Herausgeber von politischer Werbung und andere beteiligte Anbieter schnell zu informieren, wenn sich herausstellt, dass die Informationen unvollständig oder falsch sind.

  • Behördenanfragen

    Es müssen Verfahren vorhanden sein, um z. B. auf Anfragen der zuständigen Behörden zeitnah zu reagieren:

    • eine erste Reaktion innerhalb von zwei Arbeitstagen;

    • substanzielle Antwort innerhalb von acht Tagen, verkürzte Fristen (innerhalb von zwei Tagen) im letzten Monat vor einer Wahl.

  • Informationsanfragen von Forschern, NGOs, Wahlbeobachtern, politischen Akteuren und Journalisten

    Für diese Gruppe sind Verfahren zur Offenlegung von Informationen erforderlich, die nach der TTPW-Verordnung verfügbar sein müssen:

    • Bearbeitungsfrist: innerhalb eines Monats;

    • Eine Ablehnung ist in bestimmten, gesetzlich vorgesehenen Fällen möglich; und

    • Die Kosten können bis zu einem Höchstbetrag der entstandenen Verwaltungskosten in Rechnung gestellt werden.

  • Kontaktstelle und Vertreter

    • Die Anbieter müssen eine Kontaktstelle für die zuständigen Behörden benennen; und

    • Anbieter, die außerhalb der EU ansässig sind, müssen einen bevollmächtigten Vertreter in der EU benennen und diesen mit ausreichenden Mitteln ausstatten.

Technisch

Die Anbieter müssen ihre Systeme und Instrumente so gestalten, dass die rechtlichen Anforderungen in der Praxis erfüllt werden können. Dies beinhaltet insbesondere:

  • Die Buchungs- und Verwaltungssysteme müssen es den Sponsoren ermöglichen, alle erforderlichen Informationen strukturiert zu erfassen, zu aktualisieren und zu übermitteln.

  • Die Übermittlung von Informationen - auch von Korrekturen - an die Herausgeber muss technisch sichergestellt werden. Dabei sollten Industriestandards berücksichtigt und nach Möglichkeit standardisierte, automatisierte Verfahren (APIs, standardisierte Datenformate) eingesetzt werden.

Überblick über die Verpflichtungen: Herausgeber von politischer Werbung

Herausgeber politischer Werbung - also Verlage, Nachrichtenportale, Blogs, Influencer, Social-Media-Plattformen, CTV/Streaming-Dienste, Apps, DOOH-Screens, Audio-Plattformen usw. - haben die weitreichendsten Pflichten. Sie sind eine Untergruppe der politischen Werbedienstleister und müssen daher alle Pflichten dieser Gruppe sowie zusätzliche Transparenz- und Dokumentationspflichten erfüllen.

Als letztes Glied in der Werbekette müssen die Herausgeber sicherstellen, dass alle erforderlichen Informationen für die Nutzer sichtbar sind. In der Praxis bedeutet dies, dass

  • sie sind für die Vollständigkeit der Transparenzinformationen verantwortlich; und

  • in ihren Verträgen mit Sponsoren und Anbietern muss klar festgelegt werden, welche Informationen in welchem Umfang zur Verfügung gestellt werden müssen und dass diese Informationen unverzüglich aktualisiert werden müssen.

Hinweis zur Kennzeichnung und Transparenz

Jede politische Anzeige muss für die Nutzer klar als solche erkennbar sein und mit einem Transparenzhinweis versehen werden. Diese Information kann direkt in der Anzeige enthalten sein oder über einen deutlich sichtbaren Link/QR-Code zugänglich sein.

Die Transparenzbekanntmachung  muss folgende Informationen enthalten:

  • ein klarer Hinweis darauf, dass es sich bei der Anzeige um politische Werbung handelt;

  • die Identität des Sponsors und ggf. des Unternehmens, das den Sponsor letztlich kontrolliert, sowie - falls abweichend - die Person/Organisation, die die Werbung bezahlt;

  • den Zeitraum, in dem die Anzeige geschaltet wird;

  • die Gesamtbeträge, die alle beteiligten Parteien erhalten haben, sowie Informationen über die Herkunft dieser Mittel (öffentlich/privat, innerhalb/außerhalb der EU) und eine kurze Beschreibung der Berechnungsmethode;

  • Informationen darüber, wie Nutzer Verstöße melden können;

  • gegebenenfalls einen Hinweis darauf, ob frühere Versionen der Anzeige aufgrund von Verstößen eingestellt oder ausgesetzt wurden;

  • gegebenenfalls Informationen über die betreffende Wahl, das Referendum oder den Gesetzgebungs-/Regelungsprozess (einschließlich Links zu offiziellen Informationsquellen);

  • gegebenenfalls einen Link zum Europäischen Archiv für politische Online-Anzeigen;

  • eine Erklärung darüber, ob ein Targeting eingesetzt wird; und

  • soweit technisch machbar: Informationen über Reichweite und Interaktion.

Die Transparenzbekanntmachung muss zum Medium passen, klar wahrnehmbar und einfach auffindbar sein. Sie muss auch bei der Weiterverbreitung (z. B. Re-Shares, Einbettung) erhalten bleiben oder wieder auffindbar sein. Die Transparenzbekanntmachung muss in der Sprache der Anzeige abrufbar und im Einklang mit den Barrierefreiheitsanforderungen ausgestaltet sein. Herausgeber müssen die Transparenzbekanntmachungen – inklusive späterer Aktualisierungen – zusätzlich zu den übrigen oben genannten Unterlagen sieben Jahre lang aufbewahren.

Die EU-Kommission hat in einem Rechtsakt weitere Anforderungen an die Transparenzbekanntmachung  veröffentlicht, den Sie  hier finden.

Operativ

Zusätzlich zu diesen inhaltlichen Anforderungen benötigen die Herausgeber robuste Prozesse:

  • Kontaktkanäle für Korrekturen

    Es muss einen klaren, funktionierenden Kanal geben, über den Sponsoren und andere Anbieter politischer Werbedienstleistungen fehlende oder falsche Informationen nachliefern oder korrigieren können.

  • Umgang mit unvollständigen oder falschen Informationen

    • Stellt der Herausgeber fest, dass Informationen offensichtlich unrichtig oder unvollständig sind, muss er sich aktiv darum bemühen, Sponsoren oder Upstream-Anbieter zu kontaktieren und eine Korrektur zu erwirken.

    • Können Pflichtangaben nicht unverzüglich nachgeliefert oder korrigiert werden, darf die politische Werbung nicht veröffentlicht oder muss ausgesetzt werden. Sponsoren und betroffene Anbieter müssen darüber informiert werden.

  • Berichtspflichten und Jahresabschlüsse

    Herausgeber müssen die erforderlichen Zahlen zu politischen Werbeumsätzen und erhaltenen Leistungen so strukturieren, dass sie in den Lagebericht des Jahresabschlusses und gegenüber Aufsichtsbehörden einfließen können.

  • Meldesystem für Rechtsverstöße

    • Es muss einen niedrigschwelligen Meldeweg für Nutzer geben, um potenziell nicht konforme politische Anzeigen zu melden (z. B. Link "Anzeige melden" unter der Anzeige oder zentrale Beschwerdestelle).

    • Im letzten Monat vor einer Wahl/einem Referendum müssen die Anzeigenmeldungen innerhalb von 48 Stunden bearbeitet werden.

    • Entsprechende Maßnahmen (z. B. Entfernung oder Änderung einer Anzeige) müssen dem Sponsor und den Anbietern mitgeteilt werden, wenn die Meldung die Verfügbarkeit oder Anzeige der Anzeige betrifft.

  • Datenlieferung an das EU-Archiv

    Bei Online-Anzeigen müssen die Herausgeber die erforderlichen Informationen und Kopien der Anzeigen an das Europäische Archiv für politische Online-Anzeigen übermitteln und sicherstellen, dass ihre Systeme diese Daten in strukturierter Form bereitstellen können.


Targeting in der politischen Werbung?

Die Vorgaben zum Targeting politischer Werbung gelten für alle Verantwortlichen im Sinne der DSGVO – also für Sponsoren, Anbieter politischer Werbedienstleistungen und Herausgeber, soweit sie selbst über Zwecke und Mittel der Datenverarbeitung entscheiden.

Targeting und die Platzierung politischer Werbung sind nur in einem engen, definierten Rahmen zulässig;

  • Es dürfen nur personenbezogene Daten verwendet werden, die direkt bei der betroffenen Person erhoben wurden;

  • Für politische Werbung ist eine ausdrückliche, gesonderte Einwilligung erforderlich;

  • Besondere Kategorien personenbezogener Daten (z. B. politische Meinung, Religion, Gesundheit) dürfen nicht für das Targeting verwendet werden;

  • es darf kein Profiling stattfinden; und

  • politische Werbung darf sich nicht an Personen richten, von denen man annehmen kann, dass sie das Wahlalter noch nicht erreicht haben.

Die Signale und Präferenzen der Nutzer, z. B. über Browser, PIMS oder ähnliche Instrumente, müssen beachtet werden. Bei Pay-or-Consent-Modellen muss eine gleichwertige Alternative ohne Targeting angeboten werden. Es bleibt unklar, ob es für einen Dienst ausreichend ist, ein reines Bezahlmodell ohne personalisierte politische Werbung als Alternative anzubieten.

Im Hinblick auf die Governance müssen die für die Verarbeitung Verantwortlichen:

  • interne Leitlinien für die Nutzung von Targeting und Anzeigenplatzierung für politische Werbung erstellen und diese veröffentlichen;

  • eine jährliche Risikobewertung durchzuführen und die Ergebnisse dieser Bewertung zu veröffentlichen; und

  • den gezielten Einsatz von Targeting-Maßnahmen zu protokollieren.

Neben der allgemeinen Kennzeichnung politischer Anzeigen erfordert das Targeting zusätzliche Informationen darüber, warum jemand eine bestimmte Anzeige sieht. Insbesondere müssen die Verantwortlichen:

  • die zugrundeliegende Logik des Targetings beschreiben, z. B:

    • Zielgruppensegment;

    • verwendete Datenkategorien (z. B. Standort, Interaktionen mit Inhalten, Interessenssegmente);

    • den Zeitraum, in dem die Anzeige verbreitet wird; und

    • wie viele "Unique Views" die Anzeige hat;

  • die Rechte der betroffenen Personen im Rahmen der DSGVO (Auskunft, Berichtigung, Widerruf der Einwilligung, Widerspruch) klar angeben; und

  • eine einfache Schnittstelle bieten, über die diese Rechte ausgeübt werden können.


Risiken für Verlage, Vermarkter und Ad-Tech-Unternehmen

Die TTPW-VO führt nicht nur neue Transparenz- und Targeting-Verpflichtungen ein, sie verschiebt auch die Verantwortung innerhalb der Werbekette erheblich. Dies schafft rechtliche, operative und technische Risiken für Publisher, Vermarkter und Ad-Tech-Unternehmen.

Die konkreten Sanktionen für Verstöße werden von den einzelnen Mitgliedstaaten festgelegt. In Deutschland sieht der aktuelle Entwurf des Durchführungsgesetzes ("PWTG") vor, dass je nach Schwere des Verstoßes Geldbußen für fahrlässige oder vorsätzliche Verstöße verhängt werden können:

  • bis zu 30.000 € oder bis zu 300.000 €; oder

  • alternativ bis zu 6 % des weltweiten Jahresumsatzes für Unternehmen oberhalb einer bestimmten Umsatzschwelle.

Verstöße gegen Transparenzpflichten oder unzulässiges Targeting können möglicherweise zugleich als UWG-Verstöße gewertet und von Mitbewerbern oder Verbraucherschutzverbänden abgemahnt werden.

Aus diesen Risiken folgt für Medien- und AdTech-Unternehmen vor allem eins: Politische Werbung braucht eigene Governance-, Prüf- und Technikpfade.

  1. Politische Werbung im AdOps-Prozess isolieren

    • separate Arbeitsabläufe für politische Kampagnen (Kennzeichnung, Überprüfung, Genehmigung);

    • klare Checklisten dafür, wann eine Kampagne als "politisch" gilt; und

    • definierte Eskalationspfade.

  2. Technische Umsetzung im AdTech-Stack

    • Anpassung von Ad-Server, SSP, DSP und Auftrags-Workflows um:

      • Transparenzdaten auf strukturierte Weise zu erfassen;

      • Kampagnen mit unvollständigen Pflichtangaben automatisch blockieren oder kennzeichnen.

    • Integration zusätzlicher Transparenz- und Produktgestaltungsanforderungen, insbesondere für Targeting- und Anzeigenauslieferungsfunktionen.

  3. Mappen Sie den Informationsfluss und dokumentieren Sie, welche Informationen verfügbar sind und wo sie zu finden sind.

  4. Verträge aktualisieren. Publisher und Ad-Tech-Unternehmen brauchen angepasste oder neue Vertragsklauseln, insbesondere in Bezug auf:

    • die Verpflichtung zur vollständigen Bereitstellung von Transparenzdaten;

    • Freistellung und Haftung bei unrichtigen, unvollständigen oder verspäteten Angaben;

    • Verpflichtung zur Einhaltung technischer Standards (z. B. Schnittstellen, Datenformate);

    • Verpflichtung zur Zusammenarbeit bei Beschwerden, Überprüfungen und Audits;

    • Service-Levels für Reaktionszeiten;

    • Mechanismen zum Sperren oder Nichtanzeigen von Kampagnen.

 

Wenn Sie Fragen zu ihrer Werbekampange haben, Ihre Pflichten nach der TTPW-VO verstehen möchten oder Unterstützung bei der Strukturierung Ihres internen Compliance-Frameworks benötigen kommen Sie auf mich zu.

HGNLW bietet Rechtsberatung für das gesamte Spektrum der digitalen EU-Regulierung, einschließlich politischer Werbung, AdTech-Compliance, DSGVO und Plattform-Governance. Ich unterstütze Mandaten bei rechtlichen Bewertungen, Dokumentations- und Aufbewahrungsanforderungen, Vertragsstrukturierung und behördlichen oder gerichtlichen Verfahren.

 

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